27.08.2025

Leichtbau reduziert CO2-Ausstoß

Zwei Studien im Auftrag der österreichischen Leichtbauplattform A2LT haben es bereits bewiesen: Leichtbau ist und bleibt ein ökonomisches Schwergewicht. Genauso wichtig ist aber die Tatsache, dass Leichtbau wesentlich zur CO2-Reduktion beiträgt. Das zeigen Innovationen und Entwicklungen heimischer Unternehmen und Forschungseinrichtungen.

Konstruktion von Leichtbaukomponenten bei FACC © FACC
Konstruktion von Leichtbaukomponenten bei FACC © FACC

Um Klimaziele zu erreichen und CO2-Emissionen zu reduzieren, wird Leichtbau in Zukunft das zentrale Thema in der Industrie werden. Überall, wo Massen bewegt werden, also auch in der Robotik oder im Anlagenbau, werden Leichtbau-Entwicklungen zum Einsatz kommen, um Kosten und CO2-Emissionen zu sparen. In vielen Branchen, Produkten und Prozessen hat der Leichtbau längst Einzug gehalten.

Leichtbau macht Windräder leistungsstärker und das Bauen ressourcenschonender. Außerdem brauchen Autos und Flugzeuge dank Leichtbautechnologien weniger Treibstoff. Immer mit dem Ziel, Gewicht und somit auch Material und Energie einzusparen, ist Leichtbau als Querschnittsmaterie eine bestimmte Herangehensweise ans Konstruieren. Das bringt technologische Herausforderungen, die die Mitglieder der österreichischen Leichtbauplattform A2LT teilweise schon bewältigt haben oder an denen sie forschen.

FACC ist Vorreiter

Der Flugzeugzulieferer FACC AG aus Ried im Innkreis beispielsweise entwickelt, designt und fertigt Leichtbausysteme für die zivile Luftfahrtindustrie. Zu den Kunden zählen alle großen Hersteller weltweit, darunter Airbus, Boeing, Bombardier, Comac, Embraer, Pratt & Whitney oder Rolls Royce.

Die Leichtbautechnologien der FACC tragen wesentlich zur Reduktion der CO2-Emissionen moderner Passagierflugzeuge bei: Durch den Einsatz neuer Materialien und verbesserter Designs konnte das Gewicht moderner Langstreckenflugzeuge in den vergangenen Jahrzehnten um rund 10.000 kg reduziert werden. Daraus resultiert ein geringerer Treibstoffverbrauch, wodurch pro Flugzeug und Jahr um 3.950 Tonnen weniger CO2 anfallen. Bei rund 2.000 modernen Langstreckenflugzeugen, die weltweit im Einsatz sind, entspricht das 7,9 Millionen Tonnen pro Jahr! Die FACC hat daran einen wesentlichen Anteil.

Innovative Luftfahrtindustrie

„Seit mehr als 35 Jahren entwickelt und produziert die FACC AG innovative Leichtbautechnologien für die internationale Luftfahrtindustrie. Mit neuen Mobilitätskonzepten im Bereich Advanced Air Mobility und einer neuen Generation von noch emissionsärmeren Passagierflugzeugen stehen wir heute vor einer der spannendsten Dekaden der Luftfahrtgeschichte. Als FACC sind wir stolz darauf, diese Zukunft gemeinsam mit allen großen Luftfahrtherstellern weltweit zu gestalten", betont FACC-CEO Robert Machtlinger.

Materialien der Zukunft

Auch durch den Einsatz nachhaltiger Materialien trägt die FACC zur Reduktion des CO2-Footprints bei. Dazu zählt ein Harz auf Basis von Zuckerrohr, das bereits erfolgreich im Kabineninnenraum moderner Passagierflugzeuge verbaut wird. Großes Potenzial haben auch neue Werkstoffe, die nach ihrem Einsatz recycelt und erneut verwendet werden können. Die FACC ist führend an der Erforschung dieser thermoplastischen Verbundwerkstoffe beteiligt und etabliert damit erstmals Ansätze für eine Kreislaufwirtschaft in der Luftfahrtindustrie.

Vorbild Natur

Seit mehr als 25 Jahren entwickelt und produziert die TRIPAN GmbH & Co KG in Hörsching Leichtbauteile. „Unser Fokus liegt auf der Entwicklung und Produktion hochspezialisierter Sandwichpaneele für vielfältige Anwendungen in Industrie, Mobilität und Architektur“, sagt CEO Andreas Pfleger. Basis ist ein mehrschichtiges Verbundsystem, bei dem dünne Decklagen – in der Regel aus Aluminium oder Faserverbundwerkstoffen – mit einem leichten, hochfesten Kernmaterial kombiniert werden. 

„Einer der technologischen Kerne unseres Produkts ist die bionisch inspirierte Aluminiumwabenkernstruktur. Diese hexagonale Zellstruktur zeichnet sich durch ein exzellentes Verhältnis von Steifigkeit zu Gewicht aus und bietet eine hohe Druck- und Biegefestigkeit bei minimalem Materialeinsatz“, erklärt Pfleger.

Nachhaltige Wertschöpfungskette

Vorteil dieser Wabenkernstruktur: Sie kann trotz geringem Eigengewicht hohe Lasten tragen – zusätzliche Trag- oder Unterkonstruktionen können daher reduzierter ausfallen. Das verringert das Gesamtgewicht von Bauteilen, was gleichzeitig die Energieeffizienz in Transport- und Montageprozessen erhöht. Außerdem sinken die statischen Anforderungen an Gebäudestrukturen oder mobile Anwendungen. Über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg – von der Rohstoffgewinnung über die Fertigung bis hin zu Transport, Einsatz und Recycling – senken die TRIPAN-Paneele den Ressourcenverbrauch und die energiebedingten CO₂-Emissionen. Durch die Kombination aus materialeffizientem Design, langlebiger Produktqualität und hoher Recyclingfähigkeit entsteht ein Beitrag zur nachhaltigen Transformation industrieller Wertschöpfungsketten.

Leichtbau im Sport

Im Sport hat der Leichtbau ebenfalls schon längst Einzug gehalten. Sportgeräte wie Tennisschläger, Rennräder, Mountainbikes, Ski oder Motorsport-Fahrzeuge müssen möglichst leicht sein und gleichzeitig höchsten Sicherheitsstandards und Belastungen standhalten. Ende Februar hat die HEAD Sport GmbH den ReNew Ski auf den Markt gebracht. Mitentwickelt hat ihn der Welser FH-Student Patrick Niedermayr. In seiner Bachelor-Arbeit für das Studium Leichtbau und Composite-Werkstoffe am FH Campus Wels entwickelte er mit der R&D-Wintersportabteilung bei HEAD den Prototypen zu einem serienfertigen Skimodell weiter.

Revolution in der Skiindustrie

Das ReNew-Konzept ermöglicht Veränderungen, die es so in der Skiindustrie noch nie gegeben hat. Mit einer ausgeklügelten Technik verleiht es vermeintlich ausgedienten Skiern neues Leben. Der ReNew Ski ist der erste Ski auf dem Markt, der durch ein spezielles Verfahren wieder aufbereitet werden kann. 

„Die Laborergebnisse zeigten, dass die skispezifischen Kennwerte wie Biege- und Torsionssteifigkeit sowie Vorspannung nach der Simulation von fünf Lebenszyklen und anschließender Erneuerung nahezu identisch mit denen eines neuen Skis sind“, berichtet Niedermayr. Da jedoch das Fahrgefühl beim Skifahren entscheidend ist, testete er die Ski unter realen Bedingungen. Dabei konnte er nachweisen, dass das dynamische Fahrverhalten des ReNew Skis dem eines neuen Skis entspricht, selbst nach mehrmaliger Überarbeitung.

CO2-Fußabdruck verkleinert

Bei einer einmaligen Anwendung des ReNew-Verfahrens wird der CO2-Ausstoß um 16,94 % reduziert. Nach fünfmaliger Erneuerung haben Labor- und Skitests bestätigt: Eine Reduktion von 27,11 % des CO2-Äquivalents kann erreicht werden. Ermittelt wurden die Zahlen mit der Green Vision Solution GmbH‘s Product Carbon Footprint Analysis (PCF). Sämtliche Materialien, Produktionsdaten und Transportwege wurden erfasst und nach den neuesten Standards zur Berechnung des Product Carbon Footprints herangezogen. Die Berechnung des CO2-Äquivalents erfolgte durch ein externes, unabhängiges Unternehmen.

Potenzial Automobilindustrie

Bei der Herstellung von Komponenten für die Automobilindustrie macht der Vormaterialeinsatz mindestens 75 Prozent des CO2-Footprints aus. Der Rest entfällt auf Fertigungsprozess und Logistik. Der größte Hebel zur CO2-Reduktion besteht daher beim Vormaterialeinsatz und beim finalen Bauteilgewicht, wie die Forscher in der Metal Forming Division der voestalpine wissen.

Tailor Welded Blanks – aneinandergeschweißte Blechplatinen – ermöglichen einerseits, die geringste Blechdicke mit der optimalen Festigkeit zu kombinieren. Andererseits verringert optimiertes Nesting der Einzelplatinen den Verschnitt, also Schrott beim Zuschnitt. In Summe reduziert sich also der Vormaterialeinsatz. Der Einsatz von bis zu 40 Prozent Schrott bei monolithischen Bauteilen (aus einem Stück gefertigte Bauteile) reduziert ebenfalls den CO2-Ausstoß. Am Beispiel einer B-Säule lässt sich der Materialeinsatz durch den Einsatz von pressgehärteten Stählen im Vergleich zu monolithischen Lösungen um 25 Prozent reduzieren.

CO2-Reduktion spart Gewicht und Platz

Noch dramatischer fällt laut den voestalpine-Experten der Unterschied bei sogenannten Door Rings aus. Ein Door Ring kombiniert mehrere Karosseriekomponenten wie A- und B-Säule, Dachrahmen und Schweller, manchmal auch die C-Säule – dann spricht man von einem Double Door Ring. Bei der direkten Warmumformung mit zusätzlicher Integration von Patches zur lokalen Verstärkung reduziert sich im Vergleich zum Einzelteil-Assembling der Vormaterialeinsatz um mehr als 15 Prozent. In Kombination mit modernen ultrahochfesten Stählen verringert sich das Gewicht um annähernd 20 Prozent. Das reduziert nicht nur den CO2-Footprint der Großbauteile, sondern reduziert auch als willkommener Nebeneffekt den Platzbedarf für das Fügen der Einzelteile beim Autohersteller.

Einsparpotenzial 50 Prozent

Der Einsatz von CO2-reduziertem Stahl kann im besten Fall den ursprünglichen Anteil von 75 Prozent am Carbon Footprint auf etwas über 20 Prozent verringern. Pro Kilo herkömmlichem Stahl fallen 2,2 kg CO2 an, bei Produkten in der voestalpine greentec steel Edition 600 sind es nur noch 0,6 Kilo. Auch beim Warmumformungsprozess existiert Einsparpotenzial: Neue Brennertechnologien können den Gasverbrauch um bis zu 15 Prozent reduzieren. Durch optimales Zusammenwirken von Vormaterialeinsatz und Prozesstechnologie können Leichtbaulösungen laut voestalpine Metal Forming Division mehr als 50 Prozent CO2 einsparen.

A2LT

Die österreichische Leichtbauplattform Austrian Advanced Lightweight Technology (A2LT) ist ein Verbund führender Unternehmen und Forschungseinrichtungen in Österreich im Umfeld der Leichtbautechnologie. Sie ist eine gemeinsame Initiative des Automobil-, Mechatronik- und Kunststoff-Clusters der oberösterreichischen Standortagentur Business Upper Austria, der sparte.industrie der Wirtschaftskammer Oberösterreich sowie des ACstyria. 

www.a2lt.at

Kontaktpersonen:

Josef Schachner-Nedherer, Projektmanager Automobil-Cluster, Business Upper Austria
Josef Schachner-Nedherer